Ein Bericht von RollingPlanet:
Was ist (nicht) Autismus?
Autismus (aus dem Griechischen Wort “αὐτός” für „selbst“) wird von der Weltgesundheitsorganisation zu den tief greifenden Entwicklungsstörungen gerechnet. Er wird von Ärzten, Forschern, Angehörigen und Autisten selbst als eine angeborene, unheilbare Wahrnehmungs- und Informationsverarbeitungsstörung des Gehirns beschrieben, die sich schon im frühen Kindesalter bemerkbar macht.
Für das Magazin “Autismus Kultur” räumt der Autor Colin Müller mit Irrtümern auf:
1. FALSCH: Autismus ist eine Krankheit.
RICHTIG: Autismus ist eine Art zu sein, eine Wesensart, ein Naturell. Experten sprechen von Menschen im „Autismus Spektrum“ (wir bitten um Verständnis, wenn ROLLINGPLANET im Folgenden verkürzt „Autisten“ schreibt).
2. FALSCH: Autismus ist psychisch bedingt.
RICHTIG: Autisten haben ein alternatives Gehirndesign, eine ungewöhnliche neurologische Verdrahtung, eine andere Art der Wahrnehmungsverarbeitung. Es gibt viele sehr intelligente Autisten. Auch nicht-sprechende Autisten sind häufig intelligent.
3. FALSCH: Alle Autisten sind gleich.
RICHTIG: Autistische Menschen sind genauso unterschiedlich und individuell wie Nichtautisten.
4. FALSCH: Autismus ist die Folge von emotionaler Vernachlässigung, emotionalem Stress, Missbrauch oder Traumata.
RICHTIG: Immer noch hält sich die falsche These, die in den 1950er Jahren entstand, als Müttern standardmäßig die Schuld daran zugeschoben wurde, wenn ihre Kinder nicht so waren, wie die Gesellschaft das wünschte. Heute weiß man: Ein nicht-autistisches Kind kann man so schlecht erziehen, wie man will, es wird nie autistisch werden.
5. FALSCH: Autismus kann nach der Kindheit verschwinden.
RICHTIG: Aus autistischen Kindern werden autistische Erwachsene. Obwohl es hin und wieder als Wunderheilung verkauft wird, fangen viele Autisten irgendwann an zu sprechen – ganz ohne Therapie. Das heißt nicht unbedingt, dass sie irgendwann Durchschnittsmenschen werden.
6. FALSCH: Man erkennt Autisten an ihrem Äußeren.
RICHTIG: Autistische Menschen sehen aus wie andere Menschen auch.
7. FALSCH: Alle Autisten sind Genies.
RICHTIG: Dieser falsche Eindruck entsteht, weil autistische Genies besonders eindrucksvoll sind. Wie bei Nichtautisten gibt es solche und solche: Einige Autisten lernen sehr schnell, andere brauchen länger. Jeder hat seine individuellen Begabungen und Schwächen.
8. FALSCH: Autisten wollen keine sozialen Kontakte und haben keine Gefühle.
RICHTIG: Oft scheitert der soziale Kontakt daran, dass Autisten und Nichtautisten keine gemeinsame Sprache finden. Viele autistische Menschen wollen gern Kontakt zu anderen, wissen aber nicht, was eine sozial angemessene Art der Kontaktaufnahme sein könnte. Andere autistische Menschen wollen keinen Kontakt zu anderen Menschen. Wie alle Menschen wollen auch Autisten selbst auswählen, mit wem sie wann wie ihre Zeit verbringen, und wann sie lieber allein sind.
Autistische Menschen haben Gefühle für andere Menschen, auch wenn man ihnen diese nicht unbedingt anmerkt. Viele von ihnen führen zufriedene Freundschaften, Partnerschaften und gründen Familien.
9. FALSCH: Autisten können keine normale Schule besuchen.
RICHTIG: Die meisten autistischen Kinder und Jugendlichen besuchen Regelschulen und werden oft nicht als solche etikettiert – können aber vielfach nicht ihr Potential entfalten, weil sie anders lernen und eine angepasste Lernumgebung bräuchten.
10. FALSCH: Autismus bedeutet, kein selbständiges Leben führen zu können.
RICHTIG: Manche Menschen brauchen viel Unterstützung von anderen, andere leben gänzlich ohne spezielle Unterstützung.
Ist Autismus eine moderne Erscheinung?
Nein. Die erste detaillierte Beschreibung eines Kindes, dass wir heute als autistisch bezeichnen würde, wurde 1799 von Jean Itard geschrieben („Der wilde Junge von Aveyron“).
Was ist das Asperger-Syndrom?
Das Asperger-Syndrom ist eine Form des Autismus, die vor allem durch Schwächen in den Bereichen der sozialen Interaktion und Kommunikation gekennzeichnet ist. Beeinträchtigt ist insbesondere die Fähigkeit, nicht verbale Signale bei anderen Personen zu erkennen und intuitiv selbst auszusenden. Das Kontakt- und Kommunikationsverhalten von Asperger-Autisten erscheint dadurch „merkwürdig“ und ungeschickt. Da ihre Intelligenz in den meisten Fällen normal ausgeprägt ist, werden sie von ihrer Umwelt jedoch nicht als Autisten, sondern höchstens als „wunderlich“ wahrgenommen. Gelegentlich fällt das Asperger-Syndrom mit einer Hoch- oder Inselbegabung zusammen. Das Syndrom, das als angeboren und nicht heilbar angesehen wird, macht sich etwa vom vierten Lebensjahr an bemerkbar.
Die politische Forderungen
„Neben den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sind aber auch die individuellen Voraussetzungen entscheidend für Teilhabe und Inklusion von Menschen mit Autismus. Diese können durch spezifische Förder- und Therapieangebote deutlich verbessert und weiter entwickelt werden“, erklärt der Bundesverband Autismus Deutschland anlässlich des heutigen Welttag der Aufklärung über Autismus. Derzeit werden rund 4800 betroffene Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit einer Autismus-Spektrums-Störung allein in einem der 41 dem Bundesverband Autismus Deutschland angeschlossenen Autismus-Therapie-Zentren gefördert, beraten und begleitet.
Die behindertenpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Gabriele Molitor, erklärt:
„Oft wird über Menschen mit Autismus gesagt, sie lebten in einer anderen Welt. Fakt ist: Es gibt ein autistisches Spektrum. Die Ausprägungen können ganz unterschiedlich sein. Von der Inselbegabung und kognitiven Höchstleistungen bis hin zu schweren geistigen Behinderungen. Wichtig ist es, die Entwicklung von Menschen mit Autismus zu fördern. Vor allem Kinder mit Autismus profitieren von frühen Hilfen. Die FDP-Bundestagsfraktion setzt sich für frühe Förderung und eine frühe Diagnosestellung ein.
Gerade im Hinblick auf die UN-Behindertenrechtskonvention gilt es die Rechte und die soziale Inklusion von Menschen mit Behinderungen zu stärken. Die Forderung nach Inklusion beinhaltet die Teilhabe und Anerkennung von Anfang an. Menschen mit Autismus gehören in die Mitte der Gesellschaft. Sie müssen die gleiche Chance auf Teilhabe am gesellschaftlichen Leben bekommen. Sie müssen die Hilfe erhalten, die sie für ein Leben in größtmöglicher Selbstbestimmung benötigen.“
Corona-Pandemie und Studieren mit Autismus-Spektrum-Störung (englisch)
The Association of Autism Practitioners in Higher Education hat eine Handreichung für Studierende mit Autismus-Spektrum-Störungen erarbeitet. Diese soll die Studierenden bei Bewältigung der Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Studium unterstützen. Studierende erhalten eine Fülle von Tipps, wie sie ihr Studium auch unter Pandemie-Bedingungen gut weiterführen können.
Zwar treffen nicht alle Tipps für jede Person und Universität zu, aber vielleicht kannst auch du für dich etwas hilfreiches daraus lernen und deine Situation im Studium angesichts der andauernden Einschränkungen durch die Pandemie verbessern: Studying during the COVID-19 (Coronavirus) pandemic: suggestions für autisti university students
Asperger und Studium
In ihrem Blog unbemerkt.eu beschreibt Nici, eine junge Studentin mit Asperger-Syndrom, u.a. über ihre Erfahrungen eines Studiums mit Autismus, Arbeiten, Liebe, ihr Leben im Ausland und viele weitere Themen. Darüber hinaus findest du auch Informationen zum Thema Asperger als Solches. Asperger Blog - Mein Leben und Alltag mit dem Asperger Syndrom. (unbemerkt.eu)